Wollen wir Freunde sein ? Innige Freundschaft mit junger Füchsin
Sonntag 22 Sep 2024 · 2:45
Fernsehzeitung " TV Hören und Sehen " / Nr. 39 / 28.09. - 04.10.24 / Seiten 28 - 29
Ein Foto und seine Geschichte
Text = Thorsten Ehrenberg / Fotos = Klaus Echle
Eine Füchsin zeigt uns ihre Welt
Wollen wir Freunde sein ?
Aus einer flüchtigen Begegnung im Wald wird eine innige Freundschaft.
Eine junge Füchsin zeigt einer Jägerin ihre Welt
Das erste Mal begegnet sie ihr in einer warmen Abenddämmerung im Mai.
Zwischen Grasbüscheln auf einer Waldlichtung tauchen 2 Ohren und ein
kleiner, runder Kopf auf :
eine junge Füchsin, vielleicht 3 Monate alt, von ihrer Mutter schon entwöhnt.
Langsam tapst sie auf den Hochsitz der Schwarzwald - Jägerin Anna zu.
Die ahmt das Fiepen einer Maus nach, die Kleine schaut ohne Scheu zu ihr auf.
Neugierig betrachten beide einander.
Es ist der Beginn einer einzigartigen Freundschaft.
Denn als Anna am nächsten Tag zurückkehrt, erscheint die junge Füchsin erneut.
Anfangs wirft Anna ihr Hundekuchen zu.
Aus Neugier.
Sie weiß : Sie darf und will das Wildtier nicht mit Futter zähmen.
Die Füchsin muss in Freiheit jagen lernen, soll ihre natürlichen Angst vor
dem Menschen nicht verlieren.
Doch die spürt keine Furcht.
So etwas hatte Anna Rummel, Forstwirtin bei der Forstlichen Versuchs - und
Forschungsanstalt Freiburg, noch nie erlebt.
Wohl auch niemand sonst:
Rotfüchse sind im Wald extrem scheu, anders als in Städten, wo sie gelernt
haben, dank Jagdverbot den Menschen nicht fürchten zu müssen.
Dass viele Angst vor Füchsen haben, findet die Spezialistin für Wildtierökologie
unverständlich :
Deutschland gilt seit 2008 als tollwutfrei, und ein Befall vom Fuchsbandwurm
tritt in rund 30 Fällen pro Jahr auf - bei einer Bevölkerung von 84 Mio. Menschen.
Zusammen mit dem Revierförster Klaus Echle, der diese Fotos gemacht hat, trifft Anna
Zusammen mit dem Revierförster Klaus Echle, der diese Fotos gemacht hat, trifft Anna
immer wieder auf Sophie, wie sie die Füchsin nennen.
Man ruft sie, und sie kommt aus dem Unterholz gerannt, mit freudigen Fuchsschreien,
und wedelt wie ein Hund mit dem buschigen Schwanz, in der Jägersprache Lunte genannt.
Sie setzt sich entspannt neben Anna und genießt den Blick ins Tal.
Und bezaubert sie mit ihrer Geschicklichkeit, wenn sie Regenwürmer wie Spaghetti aus dem
Boden zieht, um sie dann genüsslich zu verspeisen.
Jeden Tag, einen ganzen Sommer lang, bleibt Sophie so an der Seite von Anna.
Sie erkennt sogar ihr Auto, wenn sie auf den Waldparkplatz kommt.
Bei allen anderen Autos flüchtet sie, bei fremden Menschen sowieso.
An Anna schmiegt sie sich wie an eine zweite Mutter.
Was aus Sophie geworden ist, weiß niemand.
Als es Winter wird, verschwindet sie über Nacht.
Anna und Klaus rufen Sophie noch oft, doch sie taucht nie wieder auf.
Am Nikolaustag macht Echle das letzte Foto jener Serie eines unvergesslichen Sommers,
für die der Freizeit - Fotograf 2012 als "Wildlife - Photographer of the Year" ausgezeichnet wird :
Anna und Sophie im ersten Schnee liegen, sich mit den Nasen stupsend.
Ein Lebewohl an die 2 - beinige Freundin.
Sophie war offenbar in die Pubertät gekommen, vermutet Echle, und hat einen gut aussehenden
Rothaarigen gefunden.
Sie wird ihr eigenes Reviert gefunden haben und genug zu tun mit ihren eigenen Welpen.
In Freiheit - in Sophies Welt.